Aktuelles -

Reparaturklausel: Rasch anwenden und einfach halten!

Worum geht es? Fahrzeugteile unterliegen häufig dem Designschutz

Produktdesign – und das gilt nicht nur für Autos – hat entscheidenden Einfluss auf Kaufentscheidungen. Hersteller investieren darum auch viel Zeit und Geld in die optische Gestaltung ihrer Produkte. Sie haben daher zu Recht ein Interesse daran, das von ihnen aufwendig entwickelte Design gegen Nachahmung zu schützen. Das passiert über das Schutzrecht für Design (auch als Geschmacksmusterschutz bezeichnet; in Österreich im Musterschutzgesetz geregelt). Sichtbare Fahrzeugteile, also z.B. Türen, Stoßstangen, Scheinwerfer u.ä., sind darum von den Fahrzeugherstellern häufig zum Designschutz registriert.

Was ist das Problem? Designschutz fördert Monopolbildung

In der Praxis hat sich gezeigt, dass viele Fahrzeughersteller den Designschutz jedoch auch dazu genutzt haben, um die Herstellung und Vermarktung solcher Teile zu monopolisieren – mit, wie die EU-Kommission herausgefunden hat, erheblichen finanziellen Nachteilen für Fahrzeughalter:innen. So heißt es etwa in der Studie [1] der EU-Kommission: „Anhand detaillierter Preisinformationen über Kfz-Ersatzteile haben wir festgestellt, dass der Geschmacksmusterschutz die Preise […] um 5-8 % erhöht.  […] Während wir für einige Hersteller nicht-signifikante Auswirkungen schätzten, fanden wir bei anderen Preisauswirkungen von bis zu 13 %. Dieses Ergebnis ist besonders interessant, wenn man es im Zusammenhang mit Berichten aus dem Jahr 2018 betrachtet. Damals wurde bekannt, dass fünf große Automobilhersteller eine algorithmische Preissetzungssoftware (Partneo) eingesetzt haben, um den Höchstpreis zu ermitteln, den die Verbraucher für Autoersatzteile zu zahlen bereit sind. Dank dieser Software erhöhten diese großen Automobilhersteller zwischen 2008 und 2013 die Preise für sichtbare Ersatzteile um durchschnittlich 15 % und steigerten ihre Gesamteinnahmen um mehr als 1 Milliarde US-Dollar.“

Reparaturklausel unterstützt das Recht auf Reparatur

Der VFT fordert als Interessenvertretung der freien Reparaturwirtschaft darum schon lange die Einführung einer Reparaturklausel im Designschutz bzw. die Harmonisierung der Regelungen in Europa. Denn während einzelne EU-Staaten bereits die Reparaturklausel eingeführt haben, gibt es andere, wo das bisher noch nicht geschehen ist, so auch in Österreich. Das führt zu Rechtsunsicherheit und Unvorhersehbarkeit – und damit zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen.

So kann es also in einem Land, in dem die Reparaturklausel gilt, völlig legal sein freie Ersatzteile auf den Markt zu bringen, im Nachbarland möglicherweise aber nicht mehr. Das erschwert die Schaffung europäischer Lieferketten. Gleichzeitig werden auf diese Weise freie Kfz-Teilehändler und Reparaturbetriebe gezwungen, Ersatzteile bei den jeweiligen Monopolisten zu beziehen – mit den damit verbundenen Nebenwirkungen: höhere Kosten machen ihre Leistungen weniger wettbewerbsfähig. Das kann wiederum zum Phänomen des Reparaturtourismus und zur Abwanderung der Wertschöpfung ins Ausland führen.

„Ein gemeinsamer Binnenmarkt braucht gemeinsame Regeln. Das sorgt für klare Verhältnisse. Wenn es um die Liberalisierung des Designschutzes geht, haben wir es derzeit in Europa aber mit einem Fleckerlteppich zu tun“, sagt Sascha Öllinger, Obmann des VFT.

Der VFT steht in Österreich und – gemeinsam mit seinen europäischen Schwesterverbänden und der europäischen ECAR-Initiative – auf EU-Ebene laufend im Austausch mit relevanten Stakeholdern. „Eines lässt dabei von Wien bis Brüssel klar erkennen: Das Thema Reparatur gewinnt in Politik und Gesellschaft wieder an Bedeutung“, berichtet Öllinger.

Auch auf EU-Ebene ist darum vor kurzem Bewegung in die Sache gekommen. Aktuell wird die bestehende Richtline zum Designschutz überarbeitet und zwischen den Mitgliedsstaaten verhandelt, wie eine neu einzuführende Reparaturklausel aussehen soll. „Aus Sicht der Verbraucher:innen als auch aus Sicht der freien Reparaturwirtschaft ist das eine positiv Entwicklung, die uns freut“, so Öllinger.

Damit aus dem momentan vorliegenden Überarbeitungsvorschlag zum Designschutz aber auch „der große Wurf“ wird, braucht es aus Sicht des VFT allerdings Änderungen. So sieht die Position des VFT dazu aus:

Time matters: Wir brauchen eine rasche Umsetzung und Anwendung

Eine wirksame Reparaturklausel muss sowohl neue als auch bestehende Modelle abdecken, damit die Verbraucher:innen in vollem Umfang davon profitieren können. Der Überarbeitungsvorschlag enthält momentan eine 10-jährige Übergangsfrist für die Umsetzung der Reparaturklausel in nationales Recht. Um einen spürbaren Effekt zu erzielen, ist das jedoch viel zu lange. Es ist darum dringend notwendig, dass sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat – sprich die jeweiligen Vertreter:innen der EU-Mitgliedsstaaten – auf eine kürzere und vor allem flexible Übergangsfrist einigen, die es den Mitgliedstaaten überlässt, die Reparaturklausel von vornherein auf alle Geschmacksmuster anzuwenden. Eine maximale Übergangsfrist von bis zu 3 Jahren würde allen Mitgliedstaaten genügend Zeit geben, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Gleichzeitig haben jene Staaten, die rasch positive Effekte erzielen wollen, damit auch Möglichkeit, die Reparaturklausel auf bestehende Geschmacksmuster bereits zu einem früheren Zeitpunkt anzuwenden. In Zeiten hoher Inflation ist das ein geeignetes Mittel, um dem Preisauftrieb im Reparaturbereich entgegenzuwirken.

Keep it simple: Wir brauchen eine klare, unmissverständliche Umsetzung

Eine europaweit einheitlich wirksame und unmissverständliche Reparaturklausel braucht eines ganz besonders: klare Formulierungen. Hier besteht beim vorliegenden Vorschlag aus Sicht der VFT noch Luft nach oben. Denn derzeit enthält der Überarbeitungsvorschlag der EU-Kommission noch einige unklare – und auch überflüssige – Formulierungen, die eine einheitliche Regelung komplizierter machen und so schlimmstenfalls zu einer nicht beabsichtigten, unangemessenen Einschränkung der Reparaturklausel führen könnten.

 

[1] Herz, Mejer (2020): Effect of design protection on price and price dispersion, MPRA Paper 104137 (im Internet abrufbar unter: mpra.ub.uni-muenchen.de/104137/)

Zurück
Kontakt aufnehmen
Mitgliederlogin